Auf(er)stehverbote

Palermo, Sizilien.

Seit etwa zwei Wochen wird medial wie üblich, krasseste Propaganda betrieben, um die “Gefahr” zu konfrontieren, dass sich die Leute nicht an die sogenannten Ausgangsbeschränkungen halten, die per Gesetz nicht Ausgangssperre heissen dürfen, aber letztlich moralisch als solche umgesetzt werden. Und natürlich mit Strafen, Strafen, bei denen es unklar ist ob diese nach den Dekreten halten können, wenn es ein “Danach” gibt. Wie wir aus anderen Ländern hören und sehen, werden wir alle auf eine sogenannte “Neue Normalität” vorbereitet, die so aussehen wird, wie sich das die Herrschenden vorstellen und die unserer Meinung nach nur aufgehalten werden kann, wenn zuerst Vereinzelte und dann immer grössere Menschen zu revoltieren beginnen. Auf allen möglichen Ebenen, wie es einem nach Lust und Laune gefällt. Die Spiele seien eröffnet, letztlich sind sie das ohnehin schon lange, aber spätestens seit dem totalitären Rundumschlag den wir alle jeden Tag, in unterschiedlichen Ländern, mit verschiedener Härte erfahren dürfen. Wäre es der Allgemeinheit möglich eine Art Schamgefühl zu verspüren, jetzt wäre spätestens der Moment um sich dessen bewusst zu werden. Die Gefängnis Vergleiche sind zutreffend, und wer sich schon einmal hinter Gittern gefangen sah, weiss, dass man in den ersten Tagen und Wochen gebraten wird, als eine Art Initiationsritual. Das Initiationsritual das wir hier miterleben ist eben genau solches. Möglich, dass die Zeit “danach” weniger intensiv wird, was die Repressionen und Willkür angeht, aber was hat uns diese Detailverliebtheit zu kümmern, wenn wir uns bewusst machen, dass ein Initiationsritual der Anfang von einer neuen Epoche darstellt, deren einziger Ausweg Aufstände sein werden. Ostern in Palermo, heisst sich auf die Dächer zurückzuziehen und trotzdem von den Denunzianten und Bullen gestört zu werden. Hier,  hier, und hier Videos und Artikel als Beispiel der Idiotie, die alle geschlossen den Bullen erlauben; aus den Ghettos von Palermo:

Der grosse selbsternannte Befreier, des “Unterholzes der Mafia” von Palermo, Leoluca Orlando, lässt natürlich mit zynischen und beleidigenden Kommentaren nicht auf sich warten: “Die Strafen und Anzeigen sind schon in Vorbereitung, sie sind so dumm, sie haben sich sogar dabei gefilmt…”, “Dank der Videos, die sie von sich selbst verbreitet haben ist es leichter die Unzivilisierten und Verantwortungslosen zu identifizieren. Auf den Aufnahmen sind auch Beleidigungen meiner Person zu sehen”.

“Auch dank der Videos, die sie, dumm wie sie sind, selbst verbreitet haben, auf welchen sie unter anderem nicht mit Beleidigungen mir gegenüber gespart haben, wird es einfacher sein diese Unzivilisierten und Verantwortungslosen, die in diesem ernsten Gesetzesbruch auch unzählige Kinder mit ein geschlossen haben, wobei sie in einem einzigen Moment gleich mehrere Verbrechen begangen haben. Für alle von ihnen wird es die vorgesehenen Sanktionen und Anzeigen hageln, mit den Strafen die sie sich verdienen. Ich kann nicht anders als im Namen der grosse Mehrheit der Palermitaner und der Mehrheit des Sperone – Viertels, den Polizeieinheiten meinen grossen Dank auszusprechen, die sofort und entschieden interveniert haben”

Ein paar Dinge gibt es hier zu erwähnen, es geht hier um Familien, die anstatt sich im Wohnzimmer einsperren zu wollen, aufs Dach ausgewichen sind, aufgrund der Massenpanik und Angst, die von den Sizilianischen Behörden (und allen anderen italienischen Behörden) über Lautsprecher, Soziale Medien und häuptsächlich das Fernsehen geschürt wurden und werden. Ein Akt des echten Widerstandes schaut ohnehin anders aus, auch wenn im heutigen Italien bzw. Sizilien, dies schon eine mutige Leistung ist. Die Szenen, die meist von selbsternannten Hilfssheriffs aus den Wohnungen gefilmt wurden, wurden so zusammengeschnitten, dass der Eindruck entsteht, alle seien an einem Fleck gestanden. Verlieren wir uns im Anbetracht der Schaffung eines Staatsstreichs, über einen grossen Zaubertrick der Propaganda, nicht in Einzelheiten. Erwähnt seien sie trotzdem, weil man die Vorgehensweise erkennt. All die Hochhalter der “Zivilisation” haben applaudiert, als den Feiernden die Möbel und noch glühenden Griller konfisziert wurden und direkt, ohne jeden gerichtlichen Prozess der Müllabfuhr übergeben wurden und ihrer “richtigen” Verwendung in diesen Tagen zugeführt: ihrer Einstampfung. Die Grenzen zwischen Dekreten und Verfassung sind längst, und das seit Anfang der Ausgangssperrenmassnahmen, nicht mehr wahrzunehmen. Dieser Bürgermeister spricht von reati, Plural für reato, was juristisch so etwas wie Straftat, Verbrechen bedeutet. Wenn man sich die Bilder der ungehorsamen Osterfeierlichkeiten ansieht, die Menschen auf den Dächern und dazu die Bilder der Ordnungshüter, die martialisch wegen dieses Ungehorsams einschreiten, die Symbolik lässt nicht auf sich warten, viele Gefängismeutereien enden auf dem Dach, und die Bilder sprechen eine eigene Sprache. Der Ungehorsam der Ghettobewohner endet auf dem Dach und die Aufstandsbekämpfungseinheiten sind schon am kommen.

Wir sprechen von einem Italien, in dem mittlerweile sämtliche kritische Meinungsäusserung in den Zusammenhang von fake news und Verschwörungstheorien gerückt wird, etwas was sogar die sonst nicht sehr helle Intelligenzia des Landes vermehrt aufzeigt. Wir sprechen von einem Zustand in dem vielen der Experten nicht klar ist, welches nun das beste Vorgehen gegen einen Virus von solcher Art ist, mit dem wir es heute zu tun haben. Wir sprechen von einem Land, das seine Untergebenen mit Kindersprache anspricht und jegliche eigene Meinungsbildung bisher noch moralisch untersagt, beim Aufeinandertreffen mit den verschiedenen Ordnungshütern haben Diskussionen ohnehin kaum Sinn. Wir sprechen von einem Land, in dem sich zur Zeit (noch) in Turin lokale Bürgermilizen bilden, angeheuert von offiziellen Ordnungskräften, die sich um die jeweiligen Nachbarschaften kümmern, weil die Ordnungskräfte ausgelastet sind und die Absurditäten nicht mehr vollständig überwachen können. Wir sprechen von einem Land in dem sich werden wollende Autoritäten, wie Fabrizio Fernandelli, ein ehemaliger Anwärter für das Bürgermeisteramt, ganz besonders hervortun, als Antrieb der numehr ausufernden Selbstjustiz und Blockwartmentalität in dieser Stadt. Es fallen einem keine Worte mehr ein um zu beschreiben was passiert und mit welchem vorauseilenden Gehorsam die Untergebenen reagieren. Wir wissen, dass Worte keine Bedeutung haben, auf die keine Taten folgen.

Update, 14. April

Auch in anderen Ghettos von Palermo, ritt die Polizei martialisch ein um Ungehorsame des Absurditätenkabinetts der Fürsten und Könige der heutigen Zeit zu bestrafen:

Lo ZEN2 (Zona Espansione Norte 2); Video

Und was die “Neue Normalität” bringen wird, von dem geben uns die Behörden einen kleinen Vorgeschmack, diese Tage ist Live-Übung angesagt. Eine Drohne würde sie einmal von Ungehorsamen aus dem Verkehr gezogen, ist viel leichter ersetzbar, als ein Hubschrauber, ausserdem sind solche sicherlich schneller vor Ort, und unkomplizierter einzusetzen. Lassen wir uns nicht von etwaigen Viren täuschen, Momente wie diese sind immer der beste Moment um neue Massnahmen für den Rest der Menschheitsgeschichte als Dauer”lösung” gegen die Unbequemen und niemals rastenden Gesetzlosen zu installieren.

So ruhig wie sich das die Behörden wünschten ging es auch in anderen Zonen nicht zu.

Ebenso für das ungehorsame Grillen wurden Leute angehalten, von welchen zwei die Carabinieri angegangen sind. Laut Medien haben sie diese mit dem Umbringen bedroht und einen Schattenbox – Kopfstoss in ihre Richtung ausgeführt. Aus dem zweiten Stock des anliegenden Hauses flog eine volle Wasserflasche, welche den ausführenden Beamten (leider) nur um Zentimeter verfehlte. Die Beamten waren dabei ständig von etwa 30 Anwohnern umringt. Die beiden Amtsbehandelten sind nun vom allgemeinen Hausarrest in den vom Richter angeordneten Hausarrest übergegangen. Viel hat sich letztlich nicht verändert.

Ein weiterer Verhaftungsfall ereignete sich in der mittelalterlich eingebunkerten Stadt Monreale (in welcher auch Rubbellose verboten wurden im Zuge der Corona-Virus Verordungen), in der ein 34 jähriger Mann mit einem Fahrzeug ohne Kennzeichen versuchte durch eine Strassenblockade der Carabinieri zu fahren und angeblich dabei versucht hatte einen Beamten niederzufahren. Er wurde verfolgt und verhaftet. Auch dieser ist von einem Hausarrest in den nächsten nunmehr anders titulierten Hausarrest übergegangen. Es wird immer klarer, dass diese Covid-19 Hausarreste nur eine Art Übungshausarreste für die kommenden Zeiten sind.