Ankommen müssen wir in uns selbst, nicht angekommen werden von der Herrschaft in ihrem neuen Plan zur Derealisierung der Wirklichkeit. Das sind zwei grundsätzlich entgegenlaufende Konzepte. Wer in sich selbst ankommt, wappnet sich gegen die Derealisation. Wer angekommen wird lässt sich in die Derealisation fallen und wird zum verrottbaren Humus, zur angepassten Scheinentität, welche die Grundlage dafür darstellt um zur freiwilligen Dienerschaft zu gelangen. Die neuen Maskeraden, die uns bereitgestellt werden, und die von den heutigen Idioten so bereitwillig angewendet werden sind ein tragisch-komisches Symbol dafür. Allen Widersprüchlichkeiten zum Trotz hat die Herrschaft in den letzten Monaten erkannt, dass aus der grenzenlosen Dummheit der Untergebenen Kapital geschlagen werden kann, und hat sich wie ein patriachaler Platzhirsch hingepflanzt und Befehle ausgegeben, die wie die Muttermilch einer fettleibigen Mutter vom ausgehungerten Säugling aufgesaugt wurden. In Gegenden, die vorher noch scheinbar menschlicher erschienen, sind wir heute nach nur wenigen Wochen mit kulturellen Aspekten konfrontiert, die man ehrlich gesagt als unmöglich erachtet hatte. Wo der idiotische Läufer, der Jogger noch ins Lächerliche gezogen wurde, ist er heute Alltag. Zwei Monate Hausarrest und Bildschirmverblödung haben das Gehirn des Untertanen zurechtgemeisselt. Sich das Essen über Lieferdienste nach Hause zu bringen zu lassen, Essen, das schlabbrig und kalt geworden ist, durch den Transportweg, ist nun wort-wörtlich in aller Munde, in einem Land, wie hier in Sizilien, das bisher noch viel auf die eigene kulinarische Hochkultur hielt. Das Schiff lief auf Grund, und lässt sich nun nur mehr mit Mühe wieder aus dem Stillstand herausziehen. Schlammiger Morast ist es womit wir uns konfrontieren müssen. Schlammiger Morast in ausgehöhlten, aufgebrochenen Schädeldecken, die vor langer, langer Zeit noch mit grauer Masse befüllt waren, graue Masse, die kognitiv fähig dazu gewesen wäre, die Dissonanzen an sich selbst festzustellen und diese wo nötig und möglich zu korrigieren und konsequenterweise in den Gegenangriff überzugehen. Aber heute ist aus grauer Masse, braune, schlammige Morast”masse” geworden, die überhaupt nicht mehr Masse ist, sondern eigentlich ein brauner Brei. So sieht das sogenannte Gehirn der heutigen Untergebenen aus. Der Gegenangriff hätte sich derart formuliert, dass den Halsabschneidern selbst der Hals aufgeschlitzt würde, ohne sich um den eigenen Vorteil zu kümmern, schnell und ohne Hast. Der Hass wäre ausgedrückt worden und der Folterer zu seinem gerechten unrühmlichen blutigen Ende gekommen. Stattdessen gehen die Leute lieber maskiert laufen um sich dann die verfetteten Wänste mit minderwertigem, überteuertem, widerlichen Massenfrass vollzustopfen, damit sie sich auch morgen wieder aus ihrer Scham und ihrem Schuldgefühl heraus auf die Strasse trauen um zu laufen, laufen, laufen, ohne Ziel und ohne Idee. Gedanken sind schliesslich totgedient worden, freiwillig. Wir ernten heute nicht mehr Kartoffeln, sondern Informationsfragmente, die wir in grossen automatisierten Statistikmaschinen einspeisen, die damit dann Vorhersehungen über den Markt herausfiltern, die die Wirtschaft wieder erneuern, wo wir die Möglichkeit hätten der ganzen Wirtschaft als solches den Gar auszumachen. Die technologischen Erntehelfer sind so etwas wie Bauern im neuen Jahrtausend, die sich einem neuen Feudalismus unterwerfen, der Feudalismus der Informatik. Unfähig selbst zu rechnen oder Gleichungen zu entwerfen und sich ein Bild zu machen, sind sie Dienende der Plexiglasherrschaft, die sich ins Fäustchen lacht. Statt lustigen Hüten haben sie den Untertanen lustige Masken gegeben. Hofnarren sind wir nunmehr alle. Jeder einzelne, der sich nicht wehrt. Aber ohne darauf hinzuweisen, dass der Kaiser nackt ist. Einfach nur hofnärrische Idioten ohne Grips, die sich an Bildschirmsex begeilen und ihre letzten Synapsen an ein System verlieren, das sukszessive gewinnt. Informationen gewinnt, ausgegeben von den eigenen untertanischen Idioten, die nicht einmal verstehen was sie da tun, die wieder dazu führen, dass diese noch formbarer und manipulierbarer werden. Die Rebellion ist an ihrem tiefsten Stand. Die Rebellen sind selbst marginalisiert und derealisiert und wissen das demnach nicht einmal selbst. Sie sind angekommen worden.
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Plexiglas, Wasserfälle und Antifaschismus
Es gibt so etwas wie einen Raum, ein Raum in dessem Inneren Windstille herrscht, abgeschirmt von dicken Wänden Plexiglas, in welchem Inneren sich die neue technokratische Elite aufhält, die dort arbeitet, dorthinein nur einlädt, wen sie wünscht, und in die hinein nichts dringen darf, was stören könnte. Wenn wir früher als Anarchisten gegen Politiker kämpften so sind wir heute zunehmends in der Situation, wo wir gegen einen Plexiglaswürfel kämpfen, der aber unerreichbar ist (der aber sehr wohl mit Energie und Informationen versorgt werden muss und diese Verbindungen können nicht alle abgeschirmt werden). Das Problem der Massen ist der Wunsch nach Dialog mit diesem Würfel, einen Dialog, der niemals stattfinden kann, weil dieser sakrale, sterile Ort abgeschirmt ist. All die Massen an Kritiken an den Massnahmen in denen wir uns heute wiederfinden, sind als würde man am tiefsten Talspunkt einer Burg stehen und diese Kritiken, am Wasserfall vorbei an den höchsten Punkt der Burg schreien wollen, dort wo der Fürst sitzt. In einer solchen Situation befinden wir uns heute. Die Linke und darunter speziell hervorzuheben die radikale Linke, hat sich glorreich hervorgetan als Umgarner und Komplize die Herrschaftsphantasien wahr werden zu lassen. Abgesehen von den offensichtlichsten aller Neuerscheinungen der herrschaftlichen Vorgehensweisen, möchte ich hier ein paar wenige genauer betrachten. In einer Kleinstadt in Italien kam es zu dem Fall, bei welchem die Büttel des Staates in Form von Carabinieri in eine Kirche eindrangen, und den lokalen Pädophilen mehrmals unterbrachen, und sogar von ihm verlangten, während der Messe mit dem Häuptling seiner Einheit am Telefon zu sprechen. Dieser Vorgang wurde auf Video aufgezeichnet und kann nachgeschlagen werden. Hier geht es natürlich nicht darum, sich über zwei verschiedene Ausformungen meiner Feinde und der Tatsache, dass sich diese beiden gegenseitig ärgern, die eine mit der “Unverfrohrenheit” eine Messe, mit einer Handvoll Leute zu gestalten, Sicherheitsabstand und Masken mit eingeschlossen, und die andere über das erzwungene Unterbrechen selbiger, Abstrafungen der Gläubigen und des Pädophilen inkludiert. Das was mich hierbei zum Nachdenken angeregt hat, ist der Vorgang, und die Wertigkeiten innerhalb des ausbeuterischen Systems. Einerseits sind keine Rückzugsorte gestattet, wie die Kirche traditionell einen solchen in der Gesellschaft darstellt, zumindest nach den jeweiligen Überlieferungen, gleichsam sind keine Ungehorsamen gestattet, wie das speziell in Italien mit der Vorgehensweise der zahlreichen Polizeieinheiten eindrucksvoll unter Beweis gestellt wurde. Die Liste der scheinbar willkürlichen Handhabungen der Polizei ist so immens lang und scheinbar chaotisch, dass eine vollständige Auflistung sinnlos wäre, abgesehen einmal von der Überflüssigkeit und der Zeitverschwendung von einem solchen Unternehmen. Auffallend ist zweitens die Tatsache, dass der durchschnittliche Carabiniere dem katholischen Glauben angehörig ist. Und das ist das eigentlich Besondere. Wir wissen, dass Bullen ganz im Allgemeinen einfach ihren Befehlen nachgehen, aber wie sonst üblich geht es hier nicht um eine einfache Kontrolle von einem gesetzlichen Vergehen, der Staat und das techno – wissenschaftliche System, das nunmehr über Jahre aufgebaut wurde, verlangt von dem Beamten und zwingt ihn in Folge, mit seiner Weltanschauung zu brechen, d.h. er setzt sich über die Gottesfürchtigkeit hinweg und nötigt auch den Beamten dazu, selbiges zu tun. Die Rede vom Tod Gottes ist nun wirklich nichts neues, aber eine derartige Verdinglichung ist dennoch eine Seltenheit. Dem Pfaffen ist der Schock der Situation auch ins Gesicht geschrieben. Er kann nicht fassen, was sich dabei vor seinen Augen abspielt und in welchem Theaterstück er sich unfreiwillig, tragisch-humoristisch wiederfindet. Er schliesst die Messe mit den Worten, seine Pfarre würde natürlich die fällig gewordenen Strafzahlungen übernehmen und ringt perplex um kalmierende Worte. Die Symbolik der letzten Jahre verdinglicht sich mehr und mehr in solcherlei Situationen, in denen klar wird, dass sich eine Hierarchieverschiebung innerhalb der Mächtigen vollzieht. Der Papst hielt sein Ostergebet vor einem leeren Platz ab, wo sonst tausende von Menschen zugegen gewesen wären. Dennoch, oder zynischer gesagt, gerade deswegen, werden als Vermittlungshelfer, technologische Kanäle auf dem Internet angeboten. Das gespenstische Gebet wird mit Hilfe des Fernsehens und des Internets schlichtweg in die Wohnzimmer der Millionen und Abermillionen von Gläubigen übertragen. Wer keinen Zugang zu derlei technischem Firlefanz hat ist offensichtlich von den Gebeten ausgeschlossen. Kirchen geschlossen, Gläubige abgestraft, der Papst alleine auf weiter Flur, damit bleibt defacto nur mehr das Beten im eigenen Hausarrest.
Eine andere Form des Glaubens wurde gerade eben vorgeführt, von den eigentlich sonstigen Protagonisten dieses Glaubens. Der Glauben des offiziellen, staatlichen Antifaschismus. Die Linke hat gezeigt, auf welcher Seite der Kämpfenden sie sich befindet. Der 25te April ist in Italien nationaler, politischer Feiertag. Gefeiert wird die Befreiung vom Faschismus. Von 23 Jahren Faschismus um genau zu sein, und gefeiert wird (bzw. wurde) die Grundsteinlegung der Republik Italiens. Heuer war dem anders, die Leute blieben zuhause. Abgesehen von ein paar wenigen Versuchen, Partisanen in Mailand oder Rom zu ehren und der gefolgten völlig ausufernden Repression der Behörden, die intensiv physische Gewalt gegen ein paar Einzelne aufbrachten, um diese dazu zu zwingen wieder nach Hause zu gehen, blieben die Leute in ihren gemütlichen Kerkern. Es war schlichtweg still im Land. Angekündigte Flashmobs von den Knastbalkonen der Wohnzimmer der Leute in welchen Bella Ciao gesungen und gespielt werden sollte, fanden nicht statt. Oder nur sehr selten. Das Grundverständnis, dass, wie auch immer man zu einer solchen Art von Antifaschismus stehen mag, Faschismus nur in den Strassen bekämpft werden kann und somit folglich auch gefeiert werden kann, ist nunmehr Vergangenheit. Wer von diesen Linken und radikalen Linken glaubt, das einfach “nachzuholen” oder im nächsten Jahr “doppelt zu feiern”, hat die folgende Fabel noch nicht gehört:
Ein Ritter reitet des Wegs und kommt an ein Bauernhaus, bekannt für seinen Macchiavellismus und seiner Lust seine Position zu unterstreichen, ruft er das Bauernehepaar heraus. Er sagt dem Bauern, dass er nun dazu übergehen wird seine Frau zu ficken, aber nicht ohne dass dieser ihm dabei seine Eier halten müsse. Nach getaner Vergewaltigung schwingt er sich wieder auf sein Pferd und reitet weiter. Die entsetzte Frau schreit ihren Ehemann an, warum er zur Hölle nichts getan hätte und einfach die Vergewaltigung zugelassen hätte, worauf dieser lapidar, naiv und igorant antwortet: “Aber ich hab ihm doch seine Eier nicht gehalten”.
Nicht dass uns die Handlungen, oder genauer das Tun der Linken und radikalen Linken wirklich überraschen kann, zu gut wissen wir über die Ideologien, welchen diese folgen, aber einen Kommentar ist es dennoch wert. Vielleicht einfach nur um den Moment auf Papier zu bringen, den diese selber nicht festhalten wollen, so wie der Bauer die Eier des Ritters nicht festhalten wollte, während seine Frau vergewaltigt wurde. Irgendwas konkretes ist hier passiert. Angst vor dem Virus kann es nicht sein, dass praktisch ein ganzes Land einer solch hochgehaltener Tradition nicht nachgeht, einer Tradition, die auf den Tod von einer viel grösseren Zahl von Partisanen hinweist, die über lange Jahre einem viel grösseren Risiko ausgesetzt waren und die vermutlich auf die Gefahr eines solchen Virus hin, nur gelacht hätten im Angesicht des dauernd möglichen Todes, bzw. aus dem Untergrund heraus agieren müssens und den vielen sonstigen Entbehrungen, welchen Partisanen natürlicherweise unterworfen waren. Angst vor Strafen kann es auch nicht sein aus ebensolcher Unverhältnismässigkeit bezüglich der kämpfenden Partisanen von offen faschistischen Epochen. Vielleicht haben wir nunmehr das Eingeständnis bezeugen dürfen, sich dem neuen modernen Glauben an die Technologie zu unterwerfen und dem neuen technokratischen Staatsgebilde, welches die alte Republik abgelöst hat, um die neuen Zeiten einzuläuten. Und die Linke hat mit ihrer Stille mitgeläutet, die schon sichtbaren Zeichen der letzten Jahre offiziell gemacht. Das Grundverständnis, “Antifaschismus ist die Strassen zu besetzen und gegenüber den Faschisten zu verteidigen”, ist abgelöst worden von der Unterwerfung der Bildschirme, phantastischen Videoheimproduktionen, sowohl pornographischer Art als auch dem Genre der Balkonvideos, die dabei auch als eine Art “Widerstand” gegen alles mögliche gesehen werden wollen. Was der Sinn von diesem Genre ist, geht uns dabei natürlich nicht auf, denn der Glauben, dass ein Video irgend etwas auslösen könnte, ist eben ein solcher; Glaube. Das Vertrauen an die eigenen Hände, Arme, Beine, Füsse, und das Denkvermögen wurde mit diesem Glauben ersetzt. Wo früher die Leute den Weg in die Strasse gefunden hätten, wenn jemand von der Polizei in aller Öffentlichkeit gefoltert worden wäre, hat sich im Gehirn nunmehr ein neuer Pfad gebildet, der Impuls des Sehens, wird nunmehr mit einem Aufnahmegerät verbunden, an welchem schon der Gedanke der Veröffentlichung verknüpft ist. Lange Zeit hat es nicht gedauert, dass das technokratische System den Leuten eine neue neurologische Bahn ihn ihr Gehirn legen konnte. Aber anstatt, dass Blumentöpfe von den Balkonen fliegen um die Staatsbüttel aus den Strassen zu vertreiben, wird die eigene Strasse zur Bühne von besagtem Balkonvideo-Genre gemacht. Ob dabei jemand misshandelt wird, ist letztlich egal, den schliesslich ist auf diese Weise die eigene Langeweile wenigstens etwas verringert worden. So sieht der neue Antifaschismus aus.
Und um in diesem kurzen Kommentar zum 25ten April 2020 in Italien zu einem Ende zu kommen, wieder zur einleitenden Burgmetapher. Die Intentionen der Artikel, Kommentare, Balkonvideos mögen ja nicht alle völlig jenseitiger Natur sein, aber gegen einen Wasserfall zu schreien würde niemandem einfallen, all diese Arbeit, die dabei umgesetzt wird, aber sehr wohl. Nutzlosigkeiten, absolute Nichtigkeiten des neuen Nullismus in dem wir leben, der Umkehrungen der Werte. Wir sind von Psychopathen in die Knie gezwungen worden. Abgesehen von der Tatsache, dass ein Psychopath uns nicht im geringsten Aufmerksamkeit schenken würde, wenn wir vor ihm stünden um unsere Forderungen und Wünsche vorzutragen und die Fürbitten und Bitte, Bitte, unser Überleben sichern zu lassen, eines Lebens, das vorher schon erbärmlich war, hat sich dieser fürstliche und königliche Psychopath aber viel besser abgesichert, er hört dieses weinerliche Lamentieren gar nicht. Einerseits nicht wegen dem Plexiglas”wasserfall”, andererseits wegen der psychologischen Struktur eines solchen Psychopathen, die gezeichnet ist von absoluter Unfähigkeit bzw. Unwilligkeit zuzuhören, diesem und damit all seinen Co-Psychopathen, geht es um den eigenen Vorteil, Punkt und Aus. Solange wir auch nur andenken in Dialog mit einer Horde Psychopathen zu gehen, finden wir nur in einem Moment unsere Erlösung, in unserem Tod. Sklaven bitten und flehen für das eigene Überleben, Krieger kämpfen mit allen notwendigen Mitteln auf sowohl strategischen Ebenen, als auch über sozial- revolutionären Bindungen gegen die Ausbeutung. Wer wirklich Schluss machen will mit diesem idiotischen Verhalten, dieser völlig ausser Kontrolle geratenen Psychopathie, hört erstens auf damit zu versuchen in Dialog zu treten mit diesen und zweitens fängt er auf bestmöglichem Weg an, diese klug und ernsthaft zu bekämpfen.
Entwaffnen
Staaten bewaffnen sich. Tatsächlich entwickeln und vervielfältigen sie ihre Kriegswaffen. Krieg wird im Frieden vorbereitet. Die Nationen befinden sich derzeit in einem Zustand des Friedens. Aber der scheinbare Frieden von heute ist viel gefährlicher und bedrohlicher als der Krieg von gestern. Es ist eine Zeit des Friedens, in der man nur denkt und arbeitet, um den nächsten Krieg zu entfesseln und zu stärken. Alle Staaten wollen und bereiten sich auf einen Krieg vor. Alle Machthaber und alle Militaristen denken über den Krieg nach. Wovür würde man die Armeen benötigen, wenn es keine Kriege mehr gäbe? Alle Völker arbeiten fieberhaft für den Krieg.
Wem nützt der Krieg? Den Dynastien, Militärkasten, Finanziers, Kapitalisten, Lieferanten.
Wem schadet der Krieg? Dem Proletariat, allen Arbeitern. Aber wer den Krieg mit dem Notwendigen ausstattet, ist das Proletariat. Es ist das Proletariat, das Gewehre, Maschinengewehre, Sturmpanzer, Kanonen, Flugzeuge, Schiffe, U-Boote, Gas, Pulver, Sprengstoff und alle anderen Arten von Sprengköpfen herstellt. Und es ist das Proletariat, das in den Krieg marschiert. Es ist der Schweiss der Arbeiter, mit welchem die Waffen herstellen werden, die sie selbst töten sollen. Ihre Hände, nachdem sie die Waffen hergestellt haben, ergreifen diese, um sich gegenseitig zu töten.
Was würde man von einem Menschen denken, der nicht mit dem Bewusstsein, Selbstmord zu begehen, sondern aus dem Wunsch heraus, zu leben, auf halsstarrige Weise dahingehend arbeite, eine Waffe herzustellen, und sie dann tödlich gegen sich selbst zu wenden? Man würde sagen, er ist entweder ein Idiot oder ein Verrückter.
Und nicht weniger idiotisch oder verrückt ist das Proletariat, das tödliche Waffen und Maschinen herstellt um sie dann dazu zu benutzen, sich selbst weg zu blasen.
So bereiten sich die kapitalistischen Staaten mit dem Einsatz der Hände und zum Nachteil ihrer jeweiligen Proletarier auf den Krieg vor. Aber nicht der sinnlose Krieg von gestern, vorgestern, mit eben zehn Millionen Toten. Ja, wie ein französischer Abgeordneter sagte und wie viele Wissenschaftler und Techniker im Dienste des Königreichs des Todes sagen: “Der nächste Krieg wird ein Krieg von ungeheurer Zerstörungskraft sein”.
Die Kriegswissenschaft macht ungeheure Fortschritte. Sie rechnet damit, mit ihren wunderbaren Erfindungen und wissenschaftlichen Entdeckungen ganze Städte in wenigen Stunden zu zerstören. Die Hälfte, eine, fünf Millionen Menschen werden tot umfallen, wie fünf Millionen Wanzen, ersticken oder von den Flammen dahingerafft.
Die Wissenschaft schreitet voran, Wissenschaftler verrohen, die Menschheit wird dumm und geht unter. Deshalb rüsten Nationen auf. Sie scheinen von einem kollektiven Rüstungswahnsinn ergriffen zu sein.
Sie bewaffnen sich, um uns zu töten, um uns zu dezimieren. Und wir merken nicht einmal, dass wir daran arbeiten, sie zu bewaffnen.
Aber wenn wir keine Idioten oder Narren sind, müssen wir unsere eigene verbrecherische Schuld, unsere eigene größte Schuld anerkennen.
Und wir müssen entwaffnen.
Uns verweigern, Waffen und Kriegsmaschinen herzustellen; uns verweigern Soldaten zu sein; uns verweigern, jedwedem Aufruf zu den Waffen oder Mobilisierungsbefehlen zu folgen; uns zerstörerisch, revoltierend gegen den Krieg und gegen jegliches Kriegswerk zu wenden.
Entwaffnen wir den feindlichen Staat.
[La Rivendicazione, Jahr II, Nr. 20, 29. März 1924]
(K)Ein Vergleich?
“Zwischen dem 11. Juni 1940 und dem 1. Mai 1945, während des Zweiten Weltkrieges, verloren in Mailand während der Bombardierungen innerhalb von 5 Jahren 2.000 Zivilisten ihr Leben; wegen des Coronavirus ließen in der Lombardei innerhalb von zwei Monaten 11.851 Zivilisten ihr Leben, fünfmal mehr… Ein numerisch – überwältigender Zusammenhang”.
Domenico Arcuri, 18. April 2020
[ursprünglich aus Kalabrien, heute ausserordentlicher Notstandskommissar für die Stärkung der Krankenhausinfrastrukturen in Folge des Corona – Virus]
Tatsächlich hat er vollkommen Recht. Die vom Notstandskommissar gestern Vormittag genannte Zahl ist wirklich überwältigend. Auch wir waren beeindruckt. Es versteht sich von selbst, dass der Zweck des Funktionärs, wie jene der verschiedenen Medien, die seine Worte aufgegriffen und amplifiziert haben, nur darin besteht, Benzin in das Feuer der Kriegsrhetorik zu streuen, mit der die Regierung eine ansonsten undenkbare nationale Einheit erreichen will. Aber dieser Vergleich zwischen den Bombenanschlägen der Vergangenheit und der Pandemie der Gegenwart ist unter vielen Gesichtspunkten interessant, wir wären fast geneigt zu sagen, entlarvend. Deshalb lohnt es sich, näher darauf einzugehen. Aber nur einen Augenblick, damit das klar ist. Am Rande des Abgrunds könnte zu viel Schwindel(gefühl) schlecht für uns sein.
Bereits der krampfhafte Versuch einen medizinischen Notstand als militärischen Konflikt zu bezeichnen, ist peinlich. Da gesagt und bis zur Erschöpfung wiederholt wurde, dass dieses Virus keine biologische Waffe ist und nicht in irgendeinem Geheimlaboratorium hergestellt wurde, kann ausgeschlossen werden, dass es der plötzliche Angriff eines ausländischen Militärs war, der den Tod in Krankenhäusern und Pflegeheimen in der Lombardei gesät hat. Vielmehr wurde das unvermeidliche Schicksal durch die anhaltende Dominanz der Wirtschaft über jeden Aspekt der menschlichen Existenz beschleunigt. Tausende von alten und kranken Menschen sind gestorben, weil Profit nunmehr sowohl zum sozialen Leitmotiv von Unternehmen, zum politischen Motiv von Staaten als auch die Basis für menschliches Leben geworden ist, im Anbetracht dessen, von Sicherheitsmaßnahmen angefangen, bis hin zu familiären Zuneigungen, alles vergänglich geworden ist. Da aber das praktische Heilmittel gegen diese Offensichtlichkeit nicht nur darin bestünde, die Alltagsroutine für eine gewisse Zeit auszusetzen, sondern ihr vielmehr für immer ein Ende zu setzen, besteht der einzige Weg zur Wiederherstellung der Normalität darin, der unsichtbaren Natur die Verantwortung für eine Entwicklung zuzuschreiben, die von konkreten Menschen mit einer konkreten sozialen Rolle, die allesamt Nachnamen, Vornamen und Adresse besitzen, vorangetrieben wird.
Es ist erstaunlich, wie diejenigen, die vom Wirbel dieser historisch-numerischen Referenz eingenommen sind, nicht erkennen, dass der Vergleich der Bazillen eines Virus mit alliierten Piloten nicht gerade ein brillanter Einfall ist. Noch ist es die Opfer des ersten oder zweiten Falls zu vergleichen. Die Bombardierungen, die Mailand zwischen 1940 und 1945 trafen, wurden von britischen und amerikanischen Streitkräften durchgeführt, um die faschistische Regierung, die damals mit den Nazis verbündet war, zu treffen. Die Absicht war, die Bevölkerung zum Aufstand gegen Mussolini zu drängen. Was für einem kranken Kopf könnte es einfallen, den damaligen Krieg mit der heutigen Pandemie zu vergleichen? Damals starben Tausende von Männer, Frauen und Kinder unter den Trümmern einer von Bomben zerfetzten Stadt. Kann man sie nur wegen des im Übrigen immer ungewissen Ausgangs eines Teststreifens mit den Opfern vergleichen, die jetzt in einer ganzen Region gezählt werden? Kann man die 200 Kinder, die zweifellos Opfer des Bombardements waren, das im Oktober 1944 durchgeführt wurde, um zu versuchen, die Fabrik in Breda zu zerstören, jemals mit den 160 alten Menschen vergleichen, die im Hotel Pio Trivulzio (Lombardei) zum Teil an einem Virus starben?
Der zahlenmäßige Hinweis des Notstandskommissars ist daher nicht nur überwältigend, sondern vor allem abwegig. Aber es gibt ein Merkmal, das es fast komisch macht. Wenn der Krieg gegen das Virus in der Tat ein Krieg ist, weil er in der Lombardei in zwei Monaten fünfmal so viele Opfer der Bombardierung Mailands während des Zweiten Weltkriegs gefordert haben soll, was sollen sie dann in Deutschland sagen? Dass sie sich vor Gelsen schützen? Was sind schließlich die mehr als 4.000 Opfer, die dem Virus heute zugeschrieben werden, verglichen mit den Hunderttausenden von Menschen, die in jenen Jahren in den Trümmern von Hamburg, Dresden, Berlin umgekommen sind…?
Darüber hinaus ist anzumerken, dass vor etwa achtzig Jahren die Moral der italienischen Zivilbevölkerung Gegenstand ständiger Diskussionen zwischen den britischen politischen und militärischen Führern war, welche sich sicher waren, dass Italien das einzige Land in Europa sein würde, das unter den Bombenangriffen rasch zusammenbrechen würde. Im August 1940 schrieb Kriegsminister Anthony Eden an Churchill: “Ich bin der Überzeugung, dass es von größter Wichtigkeit ist, unsere Offensive gegen die Italiener im Mittelmeer auf dem Land-, See- und Luftweg zu entwickeln. Italien ist der schwache Partner [der Achse], und wir haben mehr Chancen, es mittels Bombardement aus dem Krieg zu werfen, als bei Deutschland”. Vier Monate später kam ein Treffen im Kriegsministerium zu dem Schluss, dass Italien keine besonders heftigen Bombardierungen brauche, da das emotionale Temperament der Italiener so schwach sei, dass sie sich selbst kleineren Angriffen beugen würden; die “Psychologie der Italiener” wurde als “kriegsuntauglich” angesehen.
Die durch den Bombenangriff auf Genua am 9. Februar 1941 im ganzen Belpaese hervorgerufene Furcht schien die britische Regierung in ihrer Einschätzung des italo-idiotischen [italiota] Mutes zu bestätigen, nachdem dieser von eine Geheimdienstquelle beobachtet worden war: “Obwohl die tatsächlichen Auswirkungen des Bombenangriffs begrenzt waren, sind die moralischen und psychologischen Auswirkungen enorm”. Nach den Bombardierungen Ende 1941 auf einige Städte in Norditalien, darunter Mailand, stellte der Chef der britischen Luftwaffe, Arthur Harris, fest, dass sie zwar leichter waren als die, die Deutschland trafen, “aber die Auswirkungen auf die italienische Moral waren enorm und völlig unverhältnismäßig”.
Als wolle man sagen, dass die Italiener während des Zweiten Weltkriegs nicht nur als bloße Schlappschwänze betrachtet wurden, die einer Witzfigur wie Mussolini die Macht gegeben hatten, sondern auch als Angsthasen, die wegen einer Kleinigkeit in Panik gerieten. So schlapp [abulici], dass sie weder in der Lage waren, ihr eigenes Regime, das sie zwanzig Jahre lang unterdrückt hatte, zu stürzen, noch sich jene vorzuknöpfen, die sie jetzt bombardierten (“Einer der überraschendsten Aspekte des Gefühlszustands in Italien ist der relative Mangel an Feindseligkeit gegenüber den Briten und Amerikanern. Diese Haltung scheint durch die jüngsten schweren Luftangriffe auf italienische Städte nicht ernsthaft beeinträchtigt worden zu sein”, schrieb Eden, der 1943 zum Außenminister wurde).
Kurz gesagt, es wäre zum Lachen, die heutigen Virologen gleich wie die alten Gefolgsleute in schwarzen Hemden zu behandeln – trotz eines Kriegsverbrechers wie Burioni [Roberto Burioni, ein weitbekannter Professor für Virologie und Mikrobiologie der Universität in Mailand, dem rechten Spektrum zugehörig]… -, aber wenn sie wirklich wollen, dass wir das feige, «glauben-gehorchen-kämpfen» derer, die den faschistischen Gruss machten, mit dem feigen, «glauben-gehorchen-sich impfen» jener vergleichen, die sich freiwillig zu Hause einschliessen, wie können wir sie somit nicht zufriedenstellen?
[19/4/20]
Lehrzeit bis in alle Ewigkeit
“Auf allen Ebenen: politisch, moralisch, spirituell, materiell, wird man erfahren, was hinter dem Fortschritt steht: der Tod.
Was für eine Herausforderung! Entweder das Auschwitz der Natur oder das Stalingrad der Industrie
Jede Predigt ist nutzlos. Der Fortschritt wird sich nur selbst aufhalten, dank der Katastrophen, die er verursachen wird”.
So schrieb Mitte der 1970er Jahre ein Schweizer Dichter, dessen Name nicht auf der Liste der Vorläufer der Katastrophenpädagogik steht, die den Anhängern des “Schrumpfungsparadigmas” [decrescita] so sehr am Herzen liegt. Ihr unbestrittener Lehrer Serge Latouche äußerte sich immer auf optimistische Weise, dass Katastrophen, das Bewusstsein zu wecken im Stande seien; ja… aber welches? Das der politischen Klasse, getrieben von der Kraft der Ereignisse, eine verlorene Menschlichkeit die durch eine lang anhaltende toxische Abhängigkeit vom Konsumismus taub, blind und stumm gemacht wurde, wieder auf den richtigen Weg der Bescheidenheit zu bringen. Es handelt sich um eine Überzeugung, die auch heute noch nach außen dringt, wo etwa die Hälfte der Weltbevölkerung zu Hause eingesperrt ist, um einem Virus zu entgehen, von dem angenommen wird, dass er für den Tod von über 100.000 Menschen auf der ganzen Welt verantwortlich ist.
Und es seien die Anarchisten, welche die Naiven, die Verblendeten wären, die hinter dem Mond leben würden! Da haben wir Glück, dass diejenigen als pragmatisch, konkret, mit den Füßen auf dem Boden stehend, betrachtet werden, die vorgeben, dass der Frieden in der Welt durch Armeen garantiert wird, dass die Ziele der Banken ethisch sind, oder dass das Parlament “die Entkolonialisierung des Imaginären” übernimmt!
Zur Untermauerung seines Arguments erinnert Latouche unter anderem daran, dass die schlimme und hässliche Katastrophe, die durch den “großen Smog von London” verursacht wurde – die Stagnation einer Mischung aus Nebel und Kohlenrauch, die vom 5. bis 9. Dezember 1952 in der britischen Hauptstadt 4.000 unmittelbare Todesopfer und 10.000 in der Folgezeit forderte – vier Jahre später zur Einführung des schönen und guten Clean Air Act führte. Der arme Mann vergisst nicht nur, dass der Kohleverbrauch seither nie zurückgegangen ist, im Gegenteil, er ist gekoppelt an die Umweltverschmutzung in der Metropole gestiegen, sondern dass bereits in Donora (USA) vom 26. bis 31. Oktober 1948 eine Mischung aus Nebel und Rauch aus den Stahlwerken 70 Todesopfer gefordert und die Lungen von 14.000 Einwohnern zerstört hatte.
Ebenso wenig scheint die Katastrophe, die sich am 1. Juni 1974 in der Chemiefabrik in Flixborough (England) ereignete, dazu gedient zu haben, die darazf folgende in Beek (Holland) am 7. November 1975 zu verhindern, und beide verhinderten auch nicht den Dioxinaustritt, der sich am 10. Juli 1976 in Seveso (Lombardia – Italien) ereignete. Welche Lehren sind aus diesen drei tragischen Erfahrungen gezogen worden? Keine einzige. Tatsächlich stand das Schlimmste noch bevor, und dieses geschah am 3. Dezember 1984 in Bophal (Indien), als es zu einem regelrechten Blutbad kam: Tausende von Toten und über eine halbe Million Verletzte aufgrund eines Methyl Isocyanat-Lecks. Wurden deshalb die Chemiewerke schließlich geschlossen? Natürlich nicht, und man kann auch nicht sagen, dass die industrielle Nutzung von schädlichen Stoffen reduziert wurde, wenn wir an den Zyanidausfluss denkt, der am 31. Januar 2000 in einer Goldmine in Rumänien begann und das Wasser mehrerer Flüsse, unter anderen die Donau, vergiftete.
Und haben uns die Katastrophen, die durch die Produktion des schwarzen Goldes verursacht wurden, jemals etwas gelehrt? Die Havarie eines ExxonMobil-Tankers, der am 24. März 1989 in der Prince-William-Straße in Alaska auf Grund lief und mehr als 40 Millionen Liter Öl ins Meer austraten, verhinderte sicherlich nicht den Untergang des Tankers Haven, der am 14. April 1991 50.000 Tonnen Rohöl in die Tiefen des Mittelmeers verteilte, nachdem dabei 90.000 Tonnen unter freiem Himmel verbrannten. Eine Lapalie im Vergleich zu dem Unfall vom 20. April 2010 im Golf von Mexiko, bei dem zwischen 500 und 900 Millionen Liter Rohöl 106 Tage lang von der BP-abhängigen Plattform Deepwater Horizon ins Meer ausflossen.
Oder sprechen wir über die tödlichste der Energieindustrien, die Kernkraft? Ohne die 130 Unfälle der letzten fünfzig Jahre zu erwähnen, hat vielleicht der Unfall im US-Kraftwerk Three Mile Island am 28. März 1979 den Unfall im russischen Kraftwerk Tschernobyl am 26. April 1986 verhindert? Ganz und gar nicht, im Gegenteil dazu haben diese “Vorfälle” bei den Menschen zu einem Gewöhnungseffekt beigetragen, sich auch mit der Tragödie, die am 11. März 2011 in Fukushijma geschehen ist, abzufinden. Zu dem Maße, dass u.a. die USA, Russland und Japan auch heute noch unerschrocken die Atomenergie nutzen.
Nehmen wir nun an (ohne Gewähr), es gäbe wirklich die Bereitschaft zu lernen, was könnte uns die gegenwärtige Epidemie, die die ganze Welt terrorisiert, also lehren? Dass wir auf Abholzung, Verstädterung, Flugzeuge verzichten sollten… oder dass die wissenschaftliche Forschung verstärkt, Impfungen zur Pflicht gemacht und die Kontrolle der “kompetenten” Behörden zunehmend ausgeweitet werden sollte? Mit anderen Worten, sollte der Fortschritt mit seinen tödlichen Auswirkungen gestoppt oder beschleunigt werden, um sie zu überwinden? Es besteht kein Zweifel daran, dass die Notwendigkeit, Wohlstand durch staatlich gelenkte Entwicklung zu erreichen, für fast alle ein Axiom bleibt, ein Tabu, das so absolut ist, dass es nicht einmal verkündet werden muss. Das ist die Normalität, deren Rückkehr lautstark gefordert wird und die keinen Ausweg aus ihren falschen Alternativen bietet. Durch Ministerialerlass suspendiert, wird sie in noch verrohterer Form wiederhergestellt. Das Recht auf das nächtliche Ausgehen [movida] wird mittles einer Drohne über dem Kopf gestattet.
Der pädagogische Katastrophismus ist nur das extreme Heilmittel des Determinismus. Alle Gebete zum befreienden Schicksal der Vernunft oder des Fortschritts oder des Proletariats oder der inneren Widersprüche des Kapitalismus fanden im Staub der Geschichte ihr Ende… es bleibt nur noch eine plötzliche planetarische Tragödie, die denjenigen ein Happy End verspricht, die nie aufhören, darauf zu warten, dass etwas geschieht, anstatt zu handeln, um dies geschehen zu lassen.
[13/4/20]
Der Staat mit der Maske [Miguel Amorós]
Die gegenwärtige Krise hat zu einer deutlichen Verschärfung der staatlichen Sozialkontrolle geführt. Die wesentlichen Elemente in diesem Bereich waren bereits vorhanden, weil die heute vorherrschenden wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen dies erforderten. Die Krise hat den Prozess nur beschleunigt. Wir sind gezwungen, als eine Masse von Manövern an einer Generalprobe teilzunehmen, um die herrschende Ordnung vor einer globalen Bedrohung zu verteidigen. Der Covid-19 Virus dient als Vorwand für die Wiederaufrüstung der Herrschaft, aber eine nukleare Katastrophe, eine klimatische Sackgasse, eine unaufhaltsame Migrationsbewegung, eine anhaltende Revolte oder eine unkontrollierte Finanzblase hätten dem gleichen Zweck gedient.
Die wirklich wichtigste Ursache ist jedoch der weltweite Trend zur Konzentration des Kapitals, was führende Politiker kaltschnäuzig Globalisierung oder Fortschritt nennen. Diese Tendenz hängt mit dem Prozess der Machtkonzentrierung zusammen und damit mit der Stärkung des Apparates zur Aufrechterhaltung der Ordnung, Desinformation und Repression von Seiten des Staates. Wenn das Kapital die Substanz des Eies ist, ist der Staat seine Schale. Eine Krise, welche die globalisierte Wirtschaft gefährdet, eine Systemkrise, wie man heute sagt, provoziert eine fast automatische Abwehrreaktion und reaktiviert bereits bestehende Disziplinar- und Strafmechanismen. Das Kapital wird an zweite Stelle gerückt, und erst dann offenbart sich der Staat in seiner ganzen Fülle. Die ewigen Gesetze des Marktes werden auf Urlaub geschickt, ohne dass ihre Gültigkeit entkräftigt wird.
Der Staat gibt vor, sich als Rettungsanker zu präsentieren, an den sich die Bevölkerung klammern muss, wenn der Markt in der Höhle der Bank und der Börse einschläft. Während er daran arbeitet, zur alten Ordnung zurückzukehren, d.h. um mit den Worten der Informatiker zu sprechen, während er versucht, einen Punkt der Wiederherstellung des Systems zu schaffen, übt der Staat die Rolle des schützenden Protagonisten aus, obwohl er in Wirklichkeit eher einem närrischen Zuhälter gleicht. Trotz allem, und was auch immer er sagen mag, greift der Staat nicht ein, um die Bevölkerung und schon gar nicht die politischen Institutionen zu verteidigen, sondern um die kapitalistische Wirtschaft und damit die unselbstständige Arbeit und den induzierten Konsum zu verteidigen, die den vom letzteren bestimmten Lebensstil kennzeichnen. In gewisser Weise schützt er sich vor einer möglichen sozialen Krise, die sich aus einer Gesundheitskrise ergibt, d.h. er verteidigt sich gegen die Bevölkerung. Die Sicherheit, die für den Staat wirklich zählt, ist nicht die des Menschen, sondern die des Wirtschaftssystems, was üblicherweise als “nationale” Sicherheit definiert wird. Folglich wird die Rückkehr zur Normalität nichts anderes als eine Rückkehr zum Kapitalismus sein: zu sardinendosenartigen Vierteln und Zweitwohnsitzen, zum Verkehrslärm, zur industriellen Ernährung, zum Individualverkehr, zum Massentourismus, zu Brot und Spielen… Extreme Formen der Kontrolle wie Enge und Distanzierung zwischen Individuen werden ein Ende haben, aber die Kontrolle wird weitergehen. Nichts ist vergänglich: Ein Staat entwaffnet sich nicht freiwillig oder verzichtet nicht freiwillig auf die Vorrechte, die ihm die Krise eingeräumt hat. Er wird sich damit begnügen, die weniger populären “einzufrieren”, wie er das immer schon getan hat. Denken wir daran, dass die Bevölkerung nicht mobilisiert, sondern immobilisiert wurde, so ist es logisch zu denken, dass der Staat des Kapitals, der sich mehr im Krieg gegen diese Bevölkerung, als gegen das Coronavirus befindet, versucht, seine Gesundheit zu heilen, indem er immer unnatürlichere Überlebensbedingungen auferlegt.
Der vom System bezeichnete Staatsfeind ist der Ungehorsame, der Undisziplinierte, der einseitige Befehle von oben ignoriert und sich weigert, eingesperrt zu werden, der einen Krankenhausaufenthalt nicht akzeptiert und sich nicht auf Distanz hält. Derjenige, der mit der offiziellen Version nicht einverstanden ist und der ihren Zahlen nicht glaubt. Es liegt auf der Hand, dass niemand die Verantwortlichen dafür zurechtweisen wird, dass Gesundheits- und Pflegepersonal ohne Schutzausrüstung arbeiten müssen und Krankenhäuser mit unzureichenden Betten und Intensivstationen versorgt sind, weder die Bosse für das Fehlen von diagnostischen Tests und Beatmungsgeräten, noch die Verwaltungsmanager für die Vernachlässigung der alten Menschen in Pflegeheimen. Weiters wird nicht mit dem Finger auf Desinformationsexperten oder auf Geschäftsleute gezeigt, die auf Schliessungen spekulieren, oder auf Geier-Versicherer, oder auf diejenigen, die von der Demontage des öffentlichen Gesundheitswesens profitiert haben oder die mit multinationalen Gesundheits- und Pharmakonzernen Handel treiben… Die Aufmerksamkeit wird immer auf andere Aspekte gelenkt oder besser gesagt ferngesteuert: die optimistische Interpretation von Statistiken, das Verbergen von Widersprüchen, paternalistische Regierungsbotschaften, die lächelnde Anstiftung zur Fügsamkeit von Seiten der Medienpersönlichkeiten, die humorvollen Kommentare von Banalitäten, die in sozialen Netzwerken zirkulieren, über Toilettenpapier, usw. Das Ziel besteht darin, die Gesundheitskrise durch ein höheres Maß an Domestizierung auszugleichen. Dass die Arbeit von Managern nicht wegen “störender Kleinigkeiten” in Frage gestellt wird. Dass wir das Böse hinnehmen und diejenigen ignorieren, die es entfesselt haben.
Die Pandemie hat nichts Natürliches; sie ist ein typisches Phänomen des ungesunden Lebensstils, den der Turbokapitalismus aufzwingt. Es ist nicht das erste und wird auch nicht das letzte sein. Die Opfer sind weniger dem Virus zuzuschreiben als vielmehr der Privatisierung des Gesundheitswesens, der Deregulierung der Arbeit, der Verschwendung von Ressourcen, der zunehmenden Umweltverschmutzung, der galoppierenden Verstädterung, der Hypermobilität, der Überbevölkerung der Großstädte und der industriellen Ernährung, insbesondere durch die Makroausbeutung, wo Viren den besten Nährboden finden. Alles ideale Bedingungen für Pandemien. Das Leben, das sich aus einem Modell der Industrialisierung ableitet, in dem die Märkte an sich isoliert herrschen: pulverisiert, begrenzt, technologieabhängig und der Neurose unterworfen, alles Eigenschaften, die Resignation, Unterwerfung und “verantwortliche” Bürgerschaft begünstigen. Obwohl wir uns von Nutzlosen, Inkompetenten und Unfähigen leiten lassen, darf uns der Baum der staatlichen Dummheit nicht daran hindern, den Wald der städtischen Knechtschaft zu sehen, die machtlosen Massen, die bereit sind, sich bedingungslos zu unterwerfen und sich einzusperren, um die von der Staatsgewalt versprochene scheinbare Sicherheit zu verfolgen. Was nicht dazu dient, Loyalität zu belohnen, sondern den Ungläubigen misstraut. Und diesbezüglich sind wir alle potentielle Ungläubige.
In gewisser Weise ist die Pandemie eine Folge des Vorstoßes des chinesischen Staatskapitalismus auf den Weltmarkt. Der Beitrag des Fernen Ostens zur Politik besteht vor allem in seiner Fähigkeit, die Autorität des Staates durch die absolute Kontrolle der Menschen durch die vollständige Digitalisierung auf unvorstellbarem Niveau zu stärken. Zu dieser Art von bürokratisch-polizeilichem Geschick kommt die Fähigkeit der chinesischen Bürokratie hinzu, diese Pandemie in den Dienst der Wirtschaft zu stellen.
Das chinesische Regime ist ein Beispiel für einen geschützten, autoritären und ultra-produktivistischen Kapitalismus, der durch die Militarisierung der Gesellschaft entstanden ist. Es ist in China, wo die Herrschaft ihr künftiges goldenes Zeitalter haben wird. Es wird immer halbherzige Nachzügler geben, die sich über den Niedergang der “Demokratie” beklagen, die das chinesische Modell mit sich bringt, als ob jenes, was sie so definieren die politische Form einer überholten Periode wäre, die der selbstgefälligen Parteikultur entsprach, an der sie bis gestern bereitwillig teilnahmen. Nun, wenn der Parlamentarismus bei der Mehrheit der Regierten unbeliebt und stinkend wird und infolgedessen als Instrument der politischen Domestizierung immer weniger wirksam ist, so ist dies weitgehend auf die Übermacht zurückzuführen, die Polizeikontrolle und Zensur in diesen neuen Zeiten gegenüber Partei-Intrigen erlangt haben. Die Regierungen neigen dazu, den Alarmzustand als das übliche Mittel des Regierens zu benutzen, da die entsprechenden Maßnahmen die einzigen sind, die in kritischen Momenten für die Herrschaft richtig funktionieren. Nichtsdestotrotz verschleiern sie die wirkliche Schwäche des Staates, die Vitalität der Zivilgesellschaft und die Tatsache, dass es nicht der Zwang ist, der das System trägt, sondern die Atomisierung seiner unzufriedenen Untergebenen. In einer politischen Phase, in der Angst, emotionale Erpressung und Big Data zum Regieren unerlässlich sind, sind politische Parteien weit weniger nützlich als Techniker, Kommunikatoren, Richter und Gendarmen.
Was uns jetzt am meisten beunruhigen sollte, ist, dass die Pandemie nicht nur die Kulmination bestimmter Prozesse ist, die schon lange in Arbeit sind, wie die standardisierte industrielle Nahrungsmittelproduktion, die soziale Medizinalisierung und die Reglementierung des Alltagslebens, sondern auch im Prozess der sozialen Computerisierung erheblich voranschreitet. Während Junk Food als Welternährungsdiät, der allgemeine Einsatz pharmazeutischer Mittel und institutioneller Zwang die Grundzutaten des Kuchens des postmodernen Alltagslebens sind, ist die digitale Überwachung (technische Koordination von Videokameras, Gesichtserkennung und Handy-Tracking) das Sahnehäubchen auf dem Kuchen. Man erntet, was man sät.
Wenn die Krise vorbei ist, wird fast alles wie vorher sein, aber das Gefühl der Zerbrechlichkeit und Angst wird länger anhalten, als es die herrschende Klasse gerne hätte. Diese Unbehaglichkeit im Bewusstseins wird die Glaubwürdigkeit des Sieges von Ministern und Pressesprechern untergraben, aber es bleibt abzuwarten, ob sie dadurch von ihren Sitzen geworfen werden. Sollten sie ihren Platz behalten, wird die Zukunft der Menschheit in den Händen von Betrügern bleiben, denn eine Gesellschaft, die ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen kann, wird sich im Inneren des Kapitalismus und im Inneren des Staates niemals herausbilden können. Das Leben der Menschen wird nicht in der Lage sein, den Weg der Gerechtigkeit, Autonomie und Freiheit zu gehen, ohne sich vom Warenfetischismus zu lösen, ohne der staatstragenden Religion abzuschwören, ohne mit Großmärkten und Kirchen in Konflikt zu treten.
[7. April 2020]
Übersetzt anhand der italienischen Fassung, Quelle
Rache an den Komplizen der Bullen
DER LEUTNANT DES NICHTS
Giuseppe Conte ist nicht. Er ist kein Führer, er ist nicht gewählt, er ist kein Politiker, er ist kein Techniker, er ist nichts. Er ist das Nichts das sich zum Premier gemacht hat. Und er bestätigt dies jeden Tag, indem er sich wie fließendes Wasser an die Oberflächen anpasst, denen er begegnet. Er ist die plastische Darstellung dessen, dass die Politik nach dem Kärglichen, dem Krummen, dem Schlechten, den Nullpunkt erreicht hat, die vollständige Darstellung der Leere.
Als Leutnant des Nichts, ist Conte heute das fortschrittlichste Phänomen der Politik nach Parteien, Bewegungen, Ideologien, Politik und Antipolitik, Technikern und Populisten, Eliten und Plebs. Es ist der juristische Wendepunkt der Politik, der seit jeher von Anwälten bevölkert wird: Conte geht aber nicht in die Politik, er übernimmt nur die Rolle des Anwalts, um einen Fall aus beruflichen Gründen zu verteidigen; aber die Mandanten ändern sich und damit auch die Fälle. Dieser Wendepunkt sollte auf der ganzen Welt studiert werden, weil sie eine neue, anonyme und posthume Phase in der Politik markiert. Man kann ihm weder zustimmen noch ihm widersprechen, weil es kein Argument gibt, über das man sich streiten könnte; er markiert das Ende des politischen Diskurses, das Ende der Entscheidung, das Ende jeder Idee, jeder Tatsache. Es ist die Summe vieler Wörter, die im institutionellen Jargon verwendet werden und in einem künstlichen Konstrukt erfasst und zusammengefügt werden. Es ist das fraktale Stadium des Morotheismus [nach Aldo Moro], seine Auflösung. Jede seiner Reden ist eine Präambel zu dem, was nicht geschehen wird, seine Redeweise ist ein verpasstes Niesen, dessen tonale Anstrengung und institutionelle affektierte Sprachweises zwar zu spüren ist, aber nicht der eigentliche Sinn der Rede. Allenfalls beschränkt er sich auf die Vorankündigung, wenn andere entscheiden wollen.
Conte ist ein gesunder Träger von Politik und Regierung, denn er ist nicht Teil von ihr. Er ist ein steriler Behälter für jedenweden Inhalt. Er hat keine eigene Vorstellung; was er sagt, ist die Frucht des Ortes, der Zeit und der Menschen, die vor ihm stehen. Er spricht von den Umständen an ihrem Platz, der Umstände [circunstancia], um es in den Worten Ortega y Gassets auszudrücken; Conte ist die Summe des Lebensraums, in dem er sich befindet, und übersetzt das Umgebungsgeraschel in Sprache.
Figürlich, aber ohne überhaupt in einer Rolle zu erscheinen, ist er das Hologramm einer nicht existierenden Figur, gezeichnet auf einer Plattform wie ein südlicher Dandy der 50er Jahre. Ein bisschen wie Mark Caltagirone, der unwirkliche Freund von Pamela Prati; es ist nur eine Annahme.
Conte ist Irrlicht, eine allegorische Darstellung des absoluten Nichts in der Politik. Als er zum ersten Mal auftrat, sagten sie, er habe seinen Lebenslauf gefälscht, und an einigen von ihm erwähnten Universitäten kannten sie ihn nicht; aber Conte ist ein virtueller Charakter, der Lebenslauf kann sich dehnen, erweitern und schrumpfen, je nach Bedarf.
Conte hat keine Geschichte, kein Erbe und keine Herkunft, er hat keinerlei Aufstieg gemacht. Er wurde direkt in den höchsten Posten mit dem geringsten Aufwand gehoben, ohne überhaupt irgendetwas getan zu haben. Eine Art Rubbellos, ohne überhaupt ein Los gekauft zu haben, oder besser gesagt, ohne überhaupt gerubbelt zu haben. Von Null in das Regierungsgebäude [Palazzo Chigi]. Sowie Gregor Samsa eines Morgens als Kakerlake aufwachte, wachte er eines Morgens als Premierminister auf. Ein Postkafkianer.
Conte befindet sich derzeit mitte-rechts der linken säkularen katholischen Progressiven, mittelalterlich-reaktionär mit Padre Pio, demokratisch-global mit Bergoglio, ein Vertrauter des Souveräns Trump und im Dienste der eurolokalen Antisouveränisten; er ist neutral, transparent, nimmt die Farben jener an die sich hinter ihm befinden an. Ein Passepartout.
Conte sagt nichts, aber das mit einer ermüdenden Tonalität, die einer titanischen Anstrengung entsprungen zu sein scheint, seine kavernöse und adenoide Sprache kommt in einem atonischer Modus, frei von Gedanken oder Emotionen, reiner aufgeblasener Ausdruck der Eitelkeit, eines Sprechens ohne Inhalt, der Jargon der Premieralität.
Nach Conte gibt es keine Politik mehr; es gibt das Voicemail, den Navigator fürs Auto, die Fotozelle. Die Drohne. Conte hat jedoch eine Funktion, und zwar nicht nur die des Reißverschlusses zwischen links und der Fünf Sterne Bewegung [M5S], der Nahtstelle zwischen Etablishment und Grillini. Er ist der Aufpasser um sicherzustellen, dass die Politik nicht mehr existiert, auch nicht in der letzten degradierten Version. Er befindet sich jenseits, ist ohne, er ist der taube Lärm der ins Nichts gegossenen Nichtigkeit.
Marcello Veneziani
Auf(er)stehverbote
Palermo, Sizilien.
Seit etwa zwei Wochen wird medial wie üblich, krasseste Propaganda betrieben, um die “Gefahr” zu konfrontieren, dass sich die Leute nicht an die sogenannten Ausgangsbeschränkungen halten, die per Gesetz nicht Ausgangssperre heissen dürfen, aber letztlich moralisch als solche umgesetzt werden. Und natürlich mit Strafen, Strafen, bei denen es unklar ist ob diese nach den Dekreten halten können, wenn es ein “Danach” gibt. Wie wir aus anderen Ländern hören und sehen, werden wir alle auf eine sogenannte “Neue Normalität” vorbereitet, die so aussehen wird, wie sich das die Herrschenden vorstellen und die unserer Meinung nach nur aufgehalten werden kann, wenn zuerst Vereinzelte und dann immer grössere Menschen zu revoltieren beginnen. Auf allen möglichen Ebenen, wie es einem nach Lust und Laune gefällt. Die Spiele seien eröffnet, letztlich sind sie das ohnehin schon lange, aber spätestens seit dem totalitären Rundumschlag den wir alle jeden Tag, in unterschiedlichen Ländern, mit verschiedener Härte erfahren dürfen. Wäre es der Allgemeinheit möglich eine Art Schamgefühl zu verspüren, jetzt wäre spätestens der Moment um sich dessen bewusst zu werden. Die Gefängnis Vergleiche sind zutreffend, und wer sich schon einmal hinter Gittern gefangen sah, weiss, dass man in den ersten Tagen und Wochen gebraten wird, als eine Art Initiationsritual. Das Initiationsritual das wir hier miterleben ist eben genau solches. Möglich, dass die Zeit “danach” weniger intensiv wird, was die Repressionen und Willkür angeht, aber was hat uns diese Detailverliebtheit zu kümmern, wenn wir uns bewusst machen, dass ein Initiationsritual der Anfang von einer neuen Epoche darstellt, deren einziger Ausweg Aufstände sein werden. Ostern in Palermo, heisst sich auf die Dächer zurückzuziehen und trotzdem von den Denunzianten und Bullen gestört zu werden. Hier, hier, und hier Videos und Artikel als Beispiel der Idiotie, die alle geschlossen den Bullen erlauben; aus den Ghettos von Palermo:
Der grosse selbsternannte Befreier, des “Unterholzes der Mafia” von Palermo, Leoluca Orlando, lässt natürlich mit zynischen und beleidigenden Kommentaren nicht auf sich warten: “Die Strafen und Anzeigen sind schon in Vorbereitung, sie sind so dumm, sie haben sich sogar dabei gefilmt…”, “Dank der Videos, die sie von sich selbst verbreitet haben ist es leichter die Unzivilisierten und Verantwortungslosen zu identifizieren. Auf den Aufnahmen sind auch Beleidigungen meiner Person zu sehen”.
“Auch dank der Videos, die sie, dumm wie sie sind, selbst verbreitet haben, auf welchen sie unter anderem nicht mit Beleidigungen mir gegenüber gespart haben, wird es einfacher sein diese Unzivilisierten und Verantwortungslosen, die in diesem ernsten Gesetzesbruch auch unzählige Kinder mit ein geschlossen haben, wobei sie in einem einzigen Moment gleich mehrere Verbrechen begangen haben. Für alle von ihnen wird es die vorgesehenen Sanktionen und Anzeigen hageln, mit den Strafen die sie sich verdienen. Ich kann nicht anders als im Namen der grosse Mehrheit der Palermitaner und der Mehrheit des Sperone – Viertels, den Polizeieinheiten meinen grossen Dank auszusprechen, die sofort und entschieden interveniert haben”
Ein paar Dinge gibt es hier zu erwähnen, es geht hier um Familien, die anstatt sich im Wohnzimmer einsperren zu wollen, aufs Dach ausgewichen sind, aufgrund der Massenpanik und Angst, die von den Sizilianischen Behörden (und allen anderen italienischen Behörden) über Lautsprecher, Soziale Medien und häuptsächlich das Fernsehen geschürt wurden und werden. Ein Akt des echten Widerstandes schaut ohnehin anders aus, auch wenn im heutigen Italien bzw. Sizilien, dies schon eine mutige Leistung ist. Die Szenen, die meist von selbsternannten Hilfssheriffs aus den Wohnungen gefilmt wurden, wurden so zusammengeschnitten, dass der Eindruck entsteht, alle seien an einem Fleck gestanden. Verlieren wir uns im Anbetracht der Schaffung eines Staatsstreichs, über einen grossen Zaubertrick der Propaganda, nicht in Einzelheiten. Erwähnt seien sie trotzdem, weil man die Vorgehensweise erkennt. All die Hochhalter der “Zivilisation” haben applaudiert, als den Feiernden die Möbel und noch glühenden Griller konfisziert wurden und direkt, ohne jeden gerichtlichen Prozess der Müllabfuhr übergeben wurden und ihrer “richtigen” Verwendung in diesen Tagen zugeführt: ihrer Einstampfung. Die Grenzen zwischen Dekreten und Verfassung sind längst, und das seit Anfang der Ausgangssperrenmassnahmen, nicht mehr wahrzunehmen. Dieser Bürgermeister spricht von reati, Plural für reato, was juristisch so etwas wie Straftat, Verbrechen bedeutet. Wenn man sich die Bilder der ungehorsamen Osterfeierlichkeiten ansieht, die Menschen auf den Dächern und dazu die Bilder der Ordnungshüter, die martialisch wegen dieses Ungehorsams einschreiten, die Symbolik lässt nicht auf sich warten, viele Gefängismeutereien enden auf dem Dach, und die Bilder sprechen eine eigene Sprache. Der Ungehorsam der Ghettobewohner endet auf dem Dach und die Aufstandsbekämpfungseinheiten sind schon am kommen.
Wir sprechen von einem Italien, in dem mittlerweile sämtliche kritische Meinungsäusserung in den Zusammenhang von fake news und Verschwörungstheorien gerückt wird, etwas was sogar die sonst nicht sehr helle Intelligenzia des Landes vermehrt aufzeigt. Wir sprechen von einem Zustand in dem vielen der Experten nicht klar ist, welches nun das beste Vorgehen gegen einen Virus von solcher Art ist, mit dem wir es heute zu tun haben. Wir sprechen von einem Land, das seine Untergebenen mit Kindersprache anspricht und jegliche eigene Meinungsbildung bisher noch moralisch untersagt, beim Aufeinandertreffen mit den verschiedenen Ordnungshütern haben Diskussionen ohnehin kaum Sinn. Wir sprechen von einem Land, in dem sich zur Zeit (noch) in Turin lokale Bürgermilizen bilden, angeheuert von offiziellen Ordnungskräften, die sich um die jeweiligen Nachbarschaften kümmern, weil die Ordnungskräfte ausgelastet sind und die Absurditäten nicht mehr vollständig überwachen können. Wir sprechen von einem Land in dem sich werden wollende Autoritäten, wie Fabrizio Fernandelli, ein ehemaliger Anwärter für das Bürgermeisteramt, ganz besonders hervortun, als Antrieb der numehr ausufernden Selbstjustiz und Blockwartmentalität in dieser Stadt. Es fallen einem keine Worte mehr ein um zu beschreiben was passiert und mit welchem vorauseilenden Gehorsam die Untergebenen reagieren. Wir wissen, dass Worte keine Bedeutung haben, auf die keine Taten folgen.
Update, 14. April
Auch in anderen Ghettos von Palermo, ritt die Polizei martialisch ein um Ungehorsame des Absurditätenkabinetts der Fürsten und Könige der heutigen Zeit zu bestrafen:
Lo ZEN2 (Zona Espansione Norte 2); Video
Und was die “Neue Normalität” bringen wird, von dem geben uns die Behörden einen kleinen Vorgeschmack, diese Tage ist Live-Übung angesagt. Eine Drohne würde sie einmal von Ungehorsamen aus dem Verkehr gezogen, ist viel leichter ersetzbar, als ein Hubschrauber, ausserdem sind solche sicherlich schneller vor Ort, und unkomplizierter einzusetzen. Lassen wir uns nicht von etwaigen Viren täuschen, Momente wie diese sind immer der beste Moment um neue Massnahmen für den Rest der Menschheitsgeschichte als Dauer”lösung” gegen die Unbequemen und niemals rastenden Gesetzlosen zu installieren.
So ruhig wie sich das die Behörden wünschten ging es auch in anderen Zonen nicht zu.
Ebenso für das ungehorsame Grillen wurden Leute angehalten, von welchen zwei die Carabinieri angegangen sind. Laut Medien haben sie diese mit dem Umbringen bedroht und einen Schattenbox – Kopfstoss in ihre Richtung ausgeführt. Aus dem zweiten Stock des anliegenden Hauses flog eine volle Wasserflasche, welche den ausführenden Beamten (leider) nur um Zentimeter verfehlte. Die Beamten waren dabei ständig von etwa 30 Anwohnern umringt. Die beiden Amtsbehandelten sind nun vom allgemeinen Hausarrest in den vom Richter angeordneten Hausarrest übergegangen. Viel hat sich letztlich nicht verändert.
Ein weiterer Verhaftungsfall ereignete sich in der mittelalterlich eingebunkerten Stadt Monreale (in welcher auch Rubbellose verboten wurden im Zuge der Corona-Virus Verordungen), in der ein 34 jähriger Mann mit einem Fahrzeug ohne Kennzeichen versuchte durch eine Strassenblockade der Carabinieri zu fahren und angeblich dabei versucht hatte einen Beamten niederzufahren. Er wurde verfolgt und verhaftet. Auch dieser ist von einem Hausarrest in den nächsten nunmehr anders titulierten Hausarrest übergegangen. Es wird immer klarer, dass diese Covid-19 Hausarreste nur eine Art Übungshausarreste für die kommenden Zeiten sind.
Vertraut nur! [Jacques Ellul]
Natürlich sind Atomkraftwerke absolut zuverlässig. Es versteht sich von selbst, dass die aufgehäuften Raketen, die U-Boote und Kampfflugzeuge, die Neutronen- und Wasserstoffbomben, die giftigen Produkte abseits vom Krieg, die Fässer und Behälter mit radioaktiven Abfällen und Dioxin, die Haufen von Blei und Quecksilber, die immer dickere Schicht Kohlendioxid, all das ist nicht gefährlich. Genauso wenig, so wird man uns sagen, wie 1850 die Leuchtgase oder die ersten Eisenbahnen gefährlich waren.
Arme Schwachköpfe, die wir Verräter des Fortschritts sind, nichts haben wir verstanden. Niemals wird jemand den letzten der letzten Kriege führen. Niemals werden sie die 500.000-Tonnen-Tanker versenken, noch werden sie auf irreparable Weise Offshore-Sonden in dreitausend Metern Tiefe irreparabel bohren. Niemals wird die Gentechnik ausscheren, um Monster oder Wesen zu erzeugen, die dem festgesetzten Modell vollkommen entsprechen. Niemals werden Downers, Beruhigungsmittel, Anxiolytika eine verallgemeinerte chemische Zwangsjacke sein. Niemals werden künstliche Lebensmittel, die durch “intelligent” eingesetzte Bakterien hergestellt werden, verfaulen. Niemals wird die Informatik ein Instrument einer überall präsenten Polizei sein. Niemals werden die Kameras, die in jeder Strasse aufgebaut werden, das Auge jener sein, die auch den letzten Winkel ausleuchten wollen und nicht das Auge eines Gottes, der sonst nur Einbildung war.
Niemals wird der Staat totalitär werden. Niemals wird sich der Gulag ausdehnen.
Vertraut nur. Vertraut also nur den Wissenschaftlern, den Laboratorien, den Staatsmännern, den Technikern, den Verwaltungsangestellten, den Stadtplanern, die alle nur das Wohl der Menschheit wollen, die das Heft in der Hand halten und die richtige Richtung kennen.Vertraut nur, den Analytikern, den Informatikern, den Hygienikern, den Wirtschaftswissenschaftlern, den Hütern der Stadt (oh Platon, jetzt haben wir sie!).Vertraut ihnen nur, denn Ihr Vertrauen ist für diese Hexerei unerlässlich.
[La foi au prix du doute, 1980]